GÄNSEBLÜMCHEN

Gänseblümchee, stimmt nicht Margeriten erstrecken ihre Köpfchen aus kleinen Marmeladegläsern ohne Marmelade drin. In einem Halbkreis haben sie sich aufgestellt. Requisiten dieser Performance sind sie. Der Performance des Meditation Seminars. Meditation. Mhhh. Lecker.
Lecker sind auch die 15 jungen Frauen, die da neben den Margeriten in artigen Schneidersitzen am Ende ihrer Yogamatten knien. Blick gen Professor. Nein ich will hier nicht sexualisieren aber dieses Bild lädt gerade zu danach ein. Der Professor mit verschenkten Beinchen thront auf einem Yogakissen am Ende der mit jungen Frauen und Margeriten bestückten Tafel. Vor ihm eine Klangschale, die Körper und Geist zum schwingen bringt. Es wird viel geredet. Das heißt der Professor redet. Die jungen Frauen schweigen. Ein Mann ist unter den jungen Frauen. Fast hätte ich ihn vergessen im überzogenen Bild was hier gezcihnet wird. Ommm. Die Klangschale wird angeschlagen. Es wird meditiert. Stunde um Stunde zu den Worten des Professors. Die Blüten der Margeriten fangen an zu welken. Das Ego des Professors erblüht. Ego das Schimpfwort im Meditationskontext. Es wird sich gespürt. Der Körper. Bis in die Zähne. Geatmet bis zum erbrechen. Dann darf geputzt werden. Und Salat geschnippelt. Gürkchen und Tomätchen. Dabei sollen die jungen Frauen sich endlich mal wieder spüren. Hachh. Back to the roots. Back to unbezahlter und von Stigmata und patriarchal aufgeladener Hausarbeit. Wie die kleinen Mainzelweibchen mit angezogener Handbremse werden Fenster geputzt, Böden gewischt, Müll aufgesammelt. Und das alles für sich. Nicht die Frauen putzen sondern die Fenster putzen die Frauen ertönt die Stimme des Professors zwischen Klangschalengongs. Ich würde jetzt gerne was kaputt machen. Laut sein. Einen Nagel mit den bloßen Händen in die Wand schlagen. Stattdessen kratzen meine von Putzwasser aufgeweichten Hände vertrocknete Fliegenscheiße vom Fensterbrett.

„Alles ist ästhetische Praxis, wenn man die Tätigkeit bewusst und selbstlos ausführt.Kunst, Putzen, Menschen pflegen“… Aha mich würde interessieren was die überarbeiteten, vom Burn out gezeichneten und mit Mindestlohn vergüteten Pfleger*innen in den Krankenhäusern dazu sagen würden. Ey genießt es doch einfach mal.
Einatmen. Ausatmen. Entspannen
Einatmen. Ausatmen. Entspannen
Einatmen. Ausatmen. Entspannen
Beschissesen ausbeutendes Pflegesystem wegatmen.
Soziale Ungleichheit wegatmen.
Patriarchat wegatmen.
Kapitalismus wegatmen.

Atmen. Atmen. Atmen. Sich spüren. Zuhören. Nichts erwarten. Da sein. Im Moment. Gegenwart. Anfassen. Angefasst werden. Leicht sein. Lieb sein. Freundlich sein. Zart sein. ZART

Wenn er noch einmal „zart“ sagt flipp ich aus. Sexistische Zuschreibenden die Frauen seit Jahrzehnten eingebläut werden werden einem hier in leckeren kleinen Häppchen angeboten. Ich hab die Schnauze voll. Will laut sein. Zufrieden wann ich es will. Unzufrieden wann ich es will. Stark und groß und Raum einnehmend und ganz bestimmt nicht zart. Während ich dem Patriarchat und dem Kapitalismus in die Speiseröhre kacke.

Denke ich leise vor mich hin. Im Schneidersitz sitzend am Ende meiner Yogamatte. Das Gänseblümchen vor mir schaut mich verwirrt an. Der nächste Klangschalengong knallt mir um die Ohren. Zwei Credits und die Erleuchtung bekomme ich hier. Auf das zweite warte ich noch. Die Ohren Tropfen von blasiertem maskulinen Eso Wirrwarr. Und dem Zynismus. Der aus meinem Stift quillt.